UR-DOM-WISSEN – KUNSTWERK DES QUARTA LS: Vielfältige Details vom Dom – die Chorkonsolen
Beim Wiederaufbau von St. Stephan nach dem Brand von 1945 wurde nicht nur der bestehende Bau wiederhergestellt, in manchen Fällen musste man auch Neues schaffen.
Am besonders schwer beschädigten Chor wurden Gewölbe und Pfeiler neu gebaut. Die bildhauerischen Werke konnten meist restauriert werden oder wurden – aufbauend auf vorhandenen Fotos – durch Kopien ersetzt. Der Chor war aber schon früher verändert worden: Um 1700 baute man zwei Emporen – für den kaiserlichen Hof und für die Musik – und nahm dafür die gotischen Figuren und die Konsolen, auf denen sie standen, ab. Die Emporen wurden nach 1945 nicht mehr wiederhergestellt und die Pfeiler – wie im Mittelalter – mit gotischen Skulpturen (großteils vom Außenbau) ausgestattet. Dafür brauchte man aber wieder Konsolen. Als Konsolen bezeichnet man im Bauwesen vorstehende, tragende Elemente.
Zur Aufstellung der Skulpturen brauchte man neue Konsolen, die von verschiedenen Künstlern gestaltet wurden. Die drei neuen Konsolen im Nordschiff zeigen die göttlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung, die im Südschiff Stationen der Vergebung und schließlich die sechs Konsolen im Mittelschiff musizierende Engel.
Die beiden ersten Konsolen links im Mittelschiff zeigen einen Flöte spielenden und einen Laute spielenden Engel.
Sie stammen von Franz Barwig dem Jüngeren (1903–1985). Ein Schwerpunkt seiner Arbeit war kirchliche Kunst. Bei seinen profanen Arbeiten fällt die Fülle an Tierdarstellungen auf, eine Vorliebe, die schon sein Vater (1868–1937) hatte.
Die Konsolen orientieren sich an gotischen Vorbildern. Jeder Künstler setzte aber seinen eigenen Akzent: Barwigs musizierende Engel sind sehr ruhig und ausgeglichen dargestellt, aber die Formen sind monumental und vereinfacht – wie im Expressionismus – gestaltet. Es lohnt sich, die Konsolen zu vergleichen: sowohl die stilistischen Unterschiede Zwischen mittelalterlichen und neuzeitlichen Konsolen als auch die Unterschiede, die dem persönlichen Stil der verschiedenen Künstler entsprechen, die bei ihrer Gestaltung auch auf den Charakter des Dargestellten eingingen.